Veranstaltung

14. März 2024: Jubiläumsveranstaltung 30 Jahre Genossenschaftsforum

„Der Homo Cooperativus lebt“

Wie kommt es eigentlich, fragt Dr. Viktoria Schäfer, Spezialistin für Tugendethik in der Wirtschaft bei der Deutschen Akademie der Genossenschaften in Montabaur, dass wir in unserer „Freizeit“ selbstverständlich „soziale Wesen sind“, aber davon ausgehen, dass der Mensch in der Wirtschaft ganz anders tickt? Damit fasst sie die Fragestellung der Jubiläumstagung des Genossenschaftsforums in einem Satz zusammen: Warum regiert nicht der kooperative Mensch, der Homo Cooperativus, die wirtschaftliche Welt – und was hat das mit Genossenschaften zu tun?

Anlass der Tagung war das 30jährige Bestehen des Genossenschaftsforums e.V., das 1993 durch 12 Wohnungsgenossenschaften gegründet wurde. Die Mitgliedsgenossenschaften, die auf heute 51 in Berlin und Potsdam angewachsen sind, gaben dem Verein den Auftrag, als Brücke zwischen Theorie und Praxis die Genossenschaftsidee bekannt zu machen und ihre Potenziale zu diskutieren.

„Denn Genossenschaften gehen einen besonderen Weg in der Wirtschaft“, wie Henrike Hanke, Vorständin des Genossenschaftsforums, schon in ihrer Begrüßung feststellt. Dieser sei geprägt durch „Solidarität“ und „Miteinander“. Dass diese Faktoren durchaus zu wirtschaftlichem Erfolg beitragen können, bestätigt auch Dr. Schäfer in ihrem Vortrag, in dem sie die Schwächen der seit Jahrzehnten gängigen betriebswirtschaftlichen Ausbildung analysiert. Das Mainstream-Bild des „Homo Oeconomicus“ fußt auf hartnäckigen Annahmen, die heute längst widerlegt sind. Leider, argumentiert Schäfer, spiele es eine entscheidende Rolle, welches Menschenbild wir in der Ausbildung transportieren und damit immer neuen Generationen eine Art selbsterfüllende Prophezeiung auferlegen.

Mythos und Wahrheit ist auch das Thema des zweiten Inputs an diesem Nachmittag. Das Team des Genossenschaftsforums, Dr. Barbara König, Dr. Sebastian Mehling und Caroline Rosenthal, stellen ihre Expertise in einer Art sokratischem Gespräch über populäre Vorstellungen von Genossenschaften unter Beweis. Denn die Realität der Genossenschaften ist geprägt von Diskrepanzen. Die Geschichte zeigt z.B., dass die klassische Selbsthilfe durch die Entwicklung von Kapitalanforderungen und Unternehmensgröße einer Transformation unterliegt. Auch beim Thema Bauen oder sozialer Ausrichtung sind die Antworten auf die Frage, welche Rolle Genossenschaften spielen, nicht immer eindeutig. Der Kern des Ideellen, argumentiert das Team, liege im Potenzial der genossenschaftlichen Form – und der Ausgestaltung durch eine Kultur der Kooperation.

Im dritten Teil des Tagungsprogramms geht es von der Wohnungswirtschaft zu aktuellen Initiativen aus der Genossenschaftsszene – also dem praktischen Tun des Homo Cooperativus. Zunächst stellt Mitgründerin Johanna Kühner die SuperCoop Berlin eG vor, eine Lebensmittel-Konsumgenossenschaft in Berlin Wedding, die auf Mitarbeit, also Selbsthilfe der Mitglieder setzt. Im Anschluss geht Kühner dann auf ein weiteres Trendthema in der Genossenschaftsszene ein, die Digitalisierung. Die Initiative #genodigital ist ein branchenübergreifendes Netzwerk, das die Genossenschaften nicht nur im digitalen Bereich fördern will. Ihr geht es um die Digitalisierung vorhandener bürokratischer Abläufe, aber auch um Genossenschaften in der digitalen Ökonomie.

In der abschließenden Diskussion, moderiert von einer weiteren ausgewiesenen Genossenschaftsexpertin, Dr. Carla Young, werden die Themen der Tagung unter Beteiligung des Publikums weiter besprochen: Wie rücken die Vorteile des genossenschaftlichen Wirtschaftens stärker in die öffentliche Wahrnehmung? Wie wird die Kooperation branchenübergreifend gestärkt? Wie können die Wohnungsgenossenschaften gemeinsam für mehr Neubau in der Stadt sorgen? Wie weckt man das Verständnis für die Vorteile des kooperierenden Menschen – auch unter den Genossenschaftsmitgliedern?

Schnell wird klar, dass viele der 150 Anwesenden am liebsten in alle Richtungen zugleich losarbeiten wollen. Lauter echte Homines Cooperativi also, die bis zuletzt bei Sekt und Sandwiches die genossenschaftliche Übernahme der Weltherrschaft planen – 2025, im von der UNESCO ausgerufenen Jahr der Genossenschaften geht es los, spätestens.

Fotos: Claudia Burger

Ausstellung oder Veranstaltung im cooperativ Werkraum?

Beides ist möglich! Wir bauen bei Bedarf den cooperativ Werkraum zu einer attraktiven, flexiblen Veranstaltungsfläche für 20 – 70 Personen um. Mit unseren Mitgliedern und Kooperationspartner*innen planen wir dort regelmäßige Veranstaltungen. Ob Fachvortrag, Podiumsdiskussion oder Ausstellungseröffnung. Wir freuen uns auf Eure Themen!